Berichte aus 2021


Abschied von Kira Budde

Eine Ausnahmeathletin beendet ihre Turnkarriere

"Unsere erste Begegnung war im Krankenhaus", schildert Tanja Wiesler, Kiras erste Dortmunder Trainerin. "Ich hielt meinen frisch geborenen Sohn im Arm, da schneiten zwei siebenjährige Mädchen herein." Eines davon war Kira Budde, die gerade den Weg ins Turn-Leistungszentrum Dortmund gefunden hatte und wohl ihre Trainerin kennenlernen wollte. Heute. zwölfeinhalb Jahre später, beendet sie ihre Turnkarriere.

"Meine ersten Erinnerungen sind tatsächlich Wettkämpfe mit Mia, die mich damals mit ins Krankenhaus genommen hat", schmunzelt die Ausnahme-Athletin aus Bochum, die 2009 zur DTG stieß. Schnell wurde das Trainerteam auf das stille, aber trainingsfleißige Talent aufmerksam. "Kira war irgendwie immer besonders unterwegs", versucht Jutta Horn ihren Schützling zu beschreiben. "Halbgut, das reichte nicht für sie. Da war sie häufig strenger mit sich als die Trainer." Ihre Vorliebe für das Stufenbarren-Turnen hatte Kira zu verdanken, dass sie schon mit 12 Jahren in der Bundesliga-Mannschaft mit turnen durfte. Denn am Barren, traditionell eher die Achillesferse  der Dortmunder Turnerinnen, hatte Kira immer ein paar Teile mehr zu bieten als die meisten anderen. So gelang beim ersten Bundesliga-Einsatz auch prompt die mit schwierigen Riesendrehungen gespickte Übung. "Ich bin halt ein Wettkampftyp", versucht Kira bescheiden eine Erklärung, "und Riesen mit Drehungen sind mein Lieblingsteil." Der Erfolg gibt Auftrieb und Kira schafft den Sprung in die Auswahlmannschaft für den DTB-Pokal. Hohen Erinnerungswert hat ihr Start 2013 bei den Deutschen Jugendmeisterschaften in Mannheim: "Da habe ich erstmals den Tsukahara am Sprung geturnt!". Deswegen hätte sie auch so gerne die diesjährige Liga-Saison mitgeturnt, deren Auftakt in Mannheim war. Aber ein Fußbruch machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Mitgefahren nach Mannheim ist sie trotzdem, mit einem dicken Reha-Schuh am Fuß. "Denn ich mag die Atmosphäre in der Halle, die gegenseitige Unterstützung , jeder motiviert seine Mitstreiter. Mannschaftswettkämpfe, das war mir immer ein großer Ansporn." Und sie war wohl auch Ansporn für das KTV-Regionalligateam, das einen tollen 4. Platz herausturnte. Auf der Rückfahrt streikte dann allerdings der Mannschaftswagen, sodass sie nach einer Odyssee erst um vier Uhr morgens im heimatlichen Bett lagen. Gemeinsam durch dick und dünn: Wieder eine Mannheim-Erfahrung mehr.  

Was bleibt sonst nach einem 14-jährigen Turnerleben?

"Intensive Trainingslager und tolle Wettkampferfahrungen, beispielsweise bei den Hamburg Gymnastics: Internationales Flair, tolle Wettkampfatmosphäre, weil ohne die Ernsthaftigkeit einer Meisterschaft, eine wunderbare Gelegenheit, neue Elemente zu erproben. Die Madrid-Begegnung - wir haben in Gastfamilien gewohnt - spannend! Und immer wieder: Das Mannschafts-Feeling."

Und jetzt als der Cut. "Ich hätte gern noch diese und nächste Saison geturnt, aber die Verletzung kam dazwischen. Und sie erschwert den Weg, bedeutet ein langes Motivationsloch. Man macht keine Fortschritte, es entstehen Blockaden im Kopf und fängt jeden Tag gefühlt wieder bei Null an. So mache ich den Schritt halt jetzt", begründet die Studentin der Ruhr-Uni, "zumal auch das Psychologiestudium für mich viel Spannendes bereit hält." Da ist sie wieder, die klare Zielausrichtung, die ihre Trainerin Jutta Horn bescheinigt. Doch Kira münzt das Lob sofort um: "Ich habe von allen Trainern und Turnerinnen so viel Unterstützung erfahren und mich immer pudelwohl gefühlt. Das nehme ich mit." Und als Trainerin in Bochum bleibt sie dem Turnen verbunden. Um die zielstrebige Sportlerin muss man sich jedenfalls keine Sorgen machen.


Auftakt in der Regionalliga erfolgreich gemeistert!

Sonntag, Tag der Deutschen Einheit.

 

Nun einheitlich war die Vorbereitung auf die Regionalliga definitiv nicht; die verschiedenen Ausprägungen der Pandemie haben in den acht teilnehmenden Vereinen unterschiedliche Spuren hinterlassen.

Dennoch beschworen Janine Woeste, Kira Franze, Sara Karies, Julie Albers, Cara Bierwirth, Mia Höcke, Nele Bredebusch, Emilia Zajic und Lavinia Jäger ihre Einheit - angespornt und bestärkt durch die verletzte Kira Budde, die eine große Lücke in das Team reißt.

"Wir wollen unser Können endlich wieder präsentieren und das gern auf nationaler Ebene!", freut sich Trainerin Jutta Horn, dass es endlich wieder losgeht.

Ein zweifelnder Blick geht dabei in Richtung Konkurrenz - was kann die nach eineinhalb Jahren Funk- und Wettkampfstille? Etwas verhalten stiegen die Damen in den Wettkampf am Boden ein. "Doch dann waren wir warm für höhere Aufgaben", schmunzelt Mike Graff, "Mia Höcke zeigte einen der besten und höchsten Tsukaharas des Tages, Granate!". Und auch Sara Karies, die das Team wegen ihres Medizinstudiums in Kürze in Richtung Kiel verlässt, bot noch einmal ein tolles Abschiedsgeschenk (12,05 P.)

Der Stufenbarren, die Achillesferse der KTV, hält traditionell seine Tücken bereit; eine fehlerfreie, hochwertige Übung gelang hier Janine Woeste.

Deren große Stunde indes schlug am Schwebebalken: "Ich kann es selbst noch gar nicht glauben", sprudelt es aus der Pädagogikstudentin heraus: Eine grandiose Balkenübung, ein Salto nach dem anderen, hoch diffizil und dennoch in traumwandlerischer Sicherheit, die bei weitem beste Übung des Tages bot die gelernte Erzieherin. Kira Franze und Julie Albers ließen hier ebenfalls nichts anbrennen, und so zogen die Horn-/Graff-Schützlinge am Ende noch an vier Konkurrenten auf einen überraschenden Platz vier davon. 

Weniger liebsame Überraschungen hielt dann die Rückfahrt bereit. Durch eine Autopanne kam das erfolgreiche Team erst um vier Uhr morgens nach Hause.

Dennoch ist die Zufriedenheit bei allen groß und der Ehrgeiz für die kommenden Wettkämpfe im November in Heidelberg und Wüllen, geweckt.

Trainer Mike Graff mit Janine Woeste, Cara Bierwirth, Kira Franze, Julie Albers, Mia Höcke, Nele Bredebusch, Emilia Zajic und Lavinia Jäger, Sara Karies, Kira Budde sowie Trainerin Jutta Horn


Sara Karies - Deutsche Mehrkampfmeisterin 2021

Mit einem Trommelwirbel läutet Sara Karies das Ende ihrer sportlichen Wettkampfkarriere ein: Sie ist deutsche Meisterin im Mehrkampf Turnen - Leichtathletik - Schwimmen. 

"Meine Freude auf den Wettkampf hielt sich vorab eigentlich eher in Grenzen", erzählt die angehende Medizinstudentin, "unter Corona-Bedingungen waren keine Zuschauer zugelassen, ich konnte mich nicht überall frei bewegen, die Wettkampfanforderungen waren anders als gewohnt und manche Disziplinen hatte ich kaum trainieren können."  Welch ein Glück aber, dass die Deutschen Mehrkampfmeisterschaften in Eutin, im ehemaligen Heimatort Saras ausgetragen wurden: "Meine beste Freundin aus Kindertagen war auch gemeldet, da hab ich mir gedacht: das kann ein schöner Abschluss-Wettkampf werden."

Und das wurde es! Bereits beim Turnen legte die 19-jährige vor und fuhr die höchsten Wertungen am Barren und Boden ein. Das Kugelstoßen mit der 4kg-Kugel hatte sie drauf: "Das kann man ja ohne Halle trainieren." Schwieriger wurde es im Anschluss: "100m Sprint war noch nie meine Top-Disziplin und das Wasserspringen hatte ich nur einmal vorher üben können", sprudelt es aus der frisch gebackenen Deutschen Meisterin hervor. "Dafür gelangen meine Sprünge erstaunlich gut: Eineinhalb Salto vorwärts gehockt und der Delphin-Kopfsprung gehechtet." Aus unerfindlichen Gründen wurde das Einschwimmen vor dem 100m-Finale gestrichen, "deswegen habe ich jetzt auch ordentlich Muskelkater!", meint Sara Karies. Die Anstrengungen haben sich gelohnt! Obwohl sie den Wettkampf ohne Trainer durchführen musste und selbst der Freund - ohne Trainerstatus - sie nicht coachen durfte.

"Aber die Trainer meiner Freundin, also eigentlich aus der Konkurrenz, haben mich immer mit im Blick gehabt und mir Rückmeldungen gegeben. Das fand ich sehr cool!"

Umso schöner, dass die Freundin am Ende mit auf dem Treppchen stand: Sara Karies vor Julia Groszewski und Kara Peglow (beide Polizei-SV Eutin)!

Was ein schönes Erlebnis!

"Anfang Oktober möchte ich noch die Regionalligamannschaft der KTV verstärken, doch dann geht es zum Studium nach Kiel", skizziert die vielseitige Turnerin ihre Pläne. Dortmund wird sie ungern ziehen lassen. Denn der KTV geht nicht nur eine Deutsche Meisterin und eine hochklassige Turnerin verloren, sondern auch eine verlässliche Kampfrichterin. Dennoch ist sicher, dass man sich auf dem ein oder anderen Wettkampf mal wiedersieht.


Online Fortbildung Ballett

Corona hat die Turnerinnen in Dortmund fest im Griff. Die Hallen sind gesperrt, Training an Geräten ist nicht möglich. Trotzdem versuchen die Trainer/innen, ihre Schützlinge bei der Stange zu halten. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: an der Ballett-Stange.

"Die Idee zu einer Trainer-Fortbildung "Ballett für Turnerinnen" kam von Maila Rüter", erzählt Mit-Initiatorin Janine Woeste. "Sie fragte an, wie wir das Ballett für den Nachwuchs jetzt zu Corona-Zeiten handhaben. Schnell war klar, dass das Thema auf breites Interesse unter den Trainern stieß". Die Idee zu einer Online-Fortbildung Ballett machte die Runde; Interessiert aus allen der Kunstturnvereinigung Dortmund angeschlossenen Vereinen meldeten Bedarf an.

Mit einer befreundeten Ballett-Dozentin, die bereits online-Ballett-Stunden für die Oberliga-Turnerinnen der KTV gibt, war schnell eine kompetente Ansprechpartnerin gefunden. Erst kürzlich hat sie ihr Studio in Witten eröffnet.

 

Mit Laptop, Kamera und Handy bewaffnet, machte sich ein Kameramann an die ersten Aufnahmen. Licht und Ton sind von guter Qualität, sodass die Teilnehmer/innen vor ihren Bildschirmen voll auf ihre Kosten kommen. Jeder nimmt mit, was er  mag, manche schreiben mit, andere machen mit und probieren in Küche, Wohnzimmer oder Büro, woher der Schwung zur Doppeldrehung kommt und wie man das Gleichgewicht hält. Madame erklärt und Janine demonstriert. Und selbst, wer nur zuschaut, erlebt geschmeidige Bilder und anmutige Bewegungen in einem wunderschön hellen Ballett-Studio voll Flair. "Das Studio war ehemals eine Kapelle", schmunzelt Janine, "daher vielleicht die besondere Stimmung." 

Zwei Wochen lang dann die Online-Fortbildung statt. Auf dem Programm standen zunächst Grundlagen und Übungen an der Stange, dann auch Drehungen und schließlich Sprünge. "Wir haben die Wünsche der Teilnehmer abgefragt und bei der Gestaltung des Programms berücksichtigt", erzählt die Oberliga-Turnerin und Studentin Janine. 

So entstand in diesen erlebnisarmen Zeiten für alle eine sinnvolle Möglichkeit, das digitale Training zu erweitern und neue Anreize zu schaffen.

In der Hoffnung, dass die Turnerinnen bei der Stange bleiben...