Manfred Hagedorn wird 60.     Oder: Wie kommt das Brötchen in den Muskel?  (23.09.17)


Ich nähere mich dem Leistungszentrum Turnen. "Hm ... ein symptomatischer Ort für seine Party", geht mir durch den Kopf. Gyros-Aroma und Grill-Duft liegen in der Luft – und siehe da: der Chef steht selbst am Grill! Ungewöhnlich? Nein, eigentlich nicht anders zu erwarten. Kaum Zeit für Glückwünsche. Den Enkel auf dem Arm wird das Fleisch gewendet.

Kinder toben in der Turnhalle.

"TOOOOOOOOOOR" schallt es über den Vorplatz: In einem großen Zelt läuft die Übertragung  des Borussen-Spiels. Passt. Ja. Das ist Manfred.

 

"Ein Macher", wird Sohn Felix etwas später sagen. Ich lasse vor meinem geistigen Auge Revue passieren: Vorantreiber der Kunstturnvereinigung KTV und ihrer Trainingsstätte, Sponsoren-Beschaffer, Initiator des Bewegungs-Kindergartens Wirbelwind, Motivator auf allen Ebenen.

Ja, ein Macher. - Wie es dazu kam?

"Damals, vor 40 Jahren, gehörten wir quasi zu den jungen Wilden", erzählt mir ein Wegbegleiter, "zu den Jungspunden, die alles neu denken und verändern wollten. Aber Manfred, der hat's auch gemacht! Hat Gespräche geführt mit den Etablierten und Mittel und Wege gefunden."    

Foto: Im Interview mit seinen ehemaligen Turnerinnen Tanja Wiesler, Nina Kahriman und Kirsten Braun wirft Manfred Hagedorn - immer den Schalk im Nacken – einen Blick zurück auf "60 Jahre Hackethal" (Spitzname Manfreds, den ihm die Turnerinnen verliehen ha
Foto: Im Interview mit seinen ehemaligen Turnerinnen Tanja Wiesler, Nina Kahriman und Kirsten Braun wirft Manfred Hagedorn - immer den Schalk im Nacken – einen Blick zurück auf "60 Jahre Hackethal" (Spitzname Manfreds, den ihm die Turnerinnen verliehen ha

40 Jahre Mitgliedschaft feierte Manfred Hagedorn kürzlich in seinem Stammverein, der Dortmunder Turngemeinde, und er hat dort wahrlich viel bewegt.

Und zwar nicht nur die Turnerinnen, für die er immer noch in der Halle steht, die er mit Witz und Spaß (und manchmal Ernst) zu schwierigen Elementen an den Geräten motiviert. 

"Unter ihm ist der Verein völlig neue Wege gegangen", erinnert sich DTG-Altpräsident Günter Seiffert, froh, das Zepter 1998 in Hagedorns Hände gelegt zu haben.

Seitdem hat Manfred zahlreiche Projekte angestoßen:

"Moby Dick", "FitKids" oder "bewegte Vereinsschule" sind nur drei von vielen.

Als Sportwissenschaftler und (verhinderter) Lehrer ist ihm die Zusammenarbeit mit der Universität und den Schulen wichtig; schon früh sah er mit G8 und der offenen Ganztagsschule veränderte Strukturen und neue Herausforderungen auf die Vereine zukommen.

Stopp! Wie war das? Verhinderter Lehrer? Geborener Lehrer! Oder wusstet ihr, wie das Brötchen in den Muskel kommt? Manfred kann das jeder Siebenjährigen völlig einleuchtend erklären - und damit gleichzeitig ein Grundverständnis für Trainingsprinzipien schaffen. 

Das Land hat das zur Zeit der sog. Lehrerschwemme allerdings nicht erkannt, und so fand Manfred den Weg über das Sportamt und die RAA (Kommunale Integration) zum Regionalen Bildungsbüro.

Als Lehrer ohne Schüler macht er sich hier für innovative Schulentwicklung stark -  eigentlich genau sein Ding: Vorausdenker, Ideengeber, Lösungsfinder, Weichensteller – so könnte man seine Profession auch trefflich beschreiben.

Ein Visionär, der sich von Widrigkeiten nicht abhalten, von Kritik nicht abschrecken lässt. Zäh und findig sucht er nach kreativen, auch ungegangenen Wegen, die Anliegen der Jugend und des Sports zu verfolgen. Ein Marathonläufer eben, auch wenn er nicht jeden Marathon - wie seinen legendären Karstadt-Marathon von 2005 - unter vier Stunden laufen kann.

Von Hause aus Turner legt er dabei einen bemerkenswerten Spagat hin: Selbst als WTB-Präsident ist er sich nicht eine Minute zu schade, mit anzupacken, Geräte zu schleppen, Nachtwache beim Turnfest zu schieben oder eben ... - am Grill zu stehen und das Fleisch zu wenden.

 

Kirsten Braun